Prestigeprojekt Ariane 6 vor Jungfernflug (2024)

Am Dienstag (9. Juli) soll der Start der neuen Schwerlastrakete Ariane 6 vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guyana um 15.00 Uhr Ortszeit (20.00 MESZ) aus erfolgen. Ob der Termin hält, ist erfahrungsgemäß und letztlich auch wetterbedingt ungewiss. Er markiert jedenfalls einen hoffnungsbeladenen Moment in einer zuletzt eher von Tiefschlägen geprägten Geschichte der europäischen Raumfahrt.

Ariane 6 – gepriesen als leistungsstarke, vielseitige und skalierbare Trägerrakete – ist das Nachfolgemodell von Ariane 5, die von 1996 bis Sommer 2023 im Einsatz war. Die neue Rakete soll Europas Raumfahrt wettbewerbsfähiger machen und einen autonomen Zugang zum Weltraum gewährleisten. Bereits jetzt gibt es Aufträge für 30 Flüge mit der Rakete, wie es zuletzt von der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA hieß. Noch vor Jahresende soll, so der Plan, der erste kommerzielle Flug einer Ariane 6 stattfinden.

Letzte Tests „zufriedenstellend“

Eigentlich sollte sie bereits Ende 2020 erstmals abheben. Die Unwegsamkeiten eines derartigen Großprojektes, an dem 13 europäische Länder, darunter auch Österreich, beteiligt sind, trugen laut ESA zur Verspätung bei. Schuld daran war auch die Coronavirus-Pandemie.

Nun hofft man also auf den erfolgreichen Start: Letzte Tests vor dem Erstflug der Rakete, inklusive der finalen Generalprobe („wet dress rehearsal“), bei der Betankung und Countdown bis wenige Sekunden vor dem tatsächlichen Abheben der Rakete erprobt wurden – der Ablauf wurde dann kurz vor Launch natürlich abgebrochen -, verliefen laut ESA zufriedenstellend.

Flugdauer unter drei Stunden

Für den 9. Juli ist ein dreistündiges Startfenster einkalkuliert, um etwa auch auf Wetterverschiebungen reagieren zu können. Die Flugdauer der Rakete wurde im Vorfeld bei vollem Erfolg mit zwei Stunden und 51 Minuten angegeben.

Der Startschuss für den Bau der Rakete erfolgte bereits im Jahr 2014 mit einem Beschluss im ESA-Ministerrat. Den „unabhängigen Zugang zum All“ hatte der aus Österreich stammende ESA-Chef Josef Aschbacher immer wieder als „höchste Priorität für Europa“ bezeichnet. Doch nach dem Letztflug einer Ariane 5 im vergangenen Juli hatte man keine eigenen Mittel mehr, um große Satelliten ins All zu bringen.

Alle Hoffnungen auf Ariane 6

Probleme gibt es auch bei dem neuen Vehikel für leichtere Satelliten: Nach dem Fehlstart der Vega-C bei ihrem ersten kommerziellen Flug im Dezember 2022 blieb die Rakete auf dem Boden. Sie soll nun Mitte November wieder ins All fliegen. Auf Ariane 6 lasten also alle Hoffnungen, die Krise im Trägerraketensektor zu beenden.

Je nachdem, wie viel Energie für den Transport der Satelliten ins All benötigt wird, gibt es Ariane 6 in einer Version mit zwei Boostern (Ariane 62) für eine Nutzlast von bis zu fünf Tonnen oder mit vier Boostern (Ariane 64) für eine Nutzlast bis zu 11,5 Tonnen. Die Booster sind maßgeblich für den Startschub verantwortlich, mit einer solchen Vorrichtung kann laut der von der ESA mit dem Raketenbau beauftragten Ariane Group ein Schub von über 4.500 Kilonewton erreicht werden – die 30-fache Schubkraft eines Düsenjägers.

Prestigeprojekt Ariane 6 vor Jungfernflug (1)

Die Höhe der Rakete beträgt bis zu rund 60 Meter, ihr Gewicht mit der maximalen Nutzlast etwa 900 Tonnen. Flüssigsauerstoff und Flüssigwasserstoff dienen dem Hauptstufentriebwerk der Rakete als Treibstoff.

Know-how und Technologie aus Österreich

In Ariane 6 steckt auch Know-how und Technologie aus Österreich. So lieferte der größte Weltraumzulieferer des Landes, Beyond Gravity Austria (vormals RUAG Space), mit Hauptsitz in Wien die Hochtemperatur-Thermalisolation für Raketenantriebe des neuen Systems sowie einen Steuermechanismus („Kardan-Mechanismus“) für die Raketenoberstufe, der für die genaue Ausrichtung des Triebwerks sorgt.

Die Spezialisolation wurde im Unternehmenswerk in Berndorf im Triestingtal (NÖ) produziert. Laut Beyond Gravity Austria ist die bereitgestellte Isolation – nach dem bewährten Einsatz bei Satelliten – nun erstmals auf einer Trägerrakete im Einsatz.

Datennetzwerk aus Wien

Das Wiener Hightech-Unternehmen TTTech hat an der Entwicklung des Datennetzwerks der Trägerrakete, quasi ihrem Nervensystem, mitgearbeitet und Komponenten für die Bordelektronik geliefert. Die Chips des Unternehmens ermöglichen es, sicherheitskritische Navigations- und Steuerungsdaten sowie weniger kritische Überwachungs- oder Videodaten zuverlässig und mit hoher Geschwindigkeit in ein und demselben Netzwerk zu übertragen.

Test-Fuchs Aerospace Systems aus Groß-Siegharts (NÖ) entwickelte verschiedene Wasserstoff- und Sauerstoffrückschlagventile. Das Unternehmen ist zudem Produktionspartner für Elektroventile und Ventilplatinen.

Ausgaben für Forschung und Entwicklung gedeckt

Das steirische Unternehmen Hage Sondermaschinenbau wiederum fertigte im Auftrag von MT Aerospace eine 50 Meter lange Anlage an, die zur Bearbeitung von Verschlusskappen, sogenannte Bulkheads, zum Einsatz kam. Über die genutzte Technologie des „Friction Stir Weldings“ (auf Deutsch: Rührreibschweißen) konnten die Teile für das Tanksystem sehr präzise bearbeitet und mit besonders widerstandsfähigen Schweißnähten versehen werden.

Laut Forschungsförderungsgesellschaft FFG waren zudem das Stahlbearbeitungsunternehmen ISW mit Tankabdeckung und Flansch sowie das Edelstahlunternehmen Böhler mit Zündergehäuse und -abdeckung für den Starter der Turbopumpe des Vinci-Raketentriebwerks der oberen Stufe beteiligt.

Mit jeder Ariane 6 falle ein Umsatz für die österreichischen Firmen von etwa 500.000 Euro an, hieß es seitens der FFG gegenüber der APA. Bei 30 bisher verkauften Starts bedeute dies einen Umsatz von 15 Millionen Euro für die heimische Industrie. Dies übertreffe damit auch die entsprechenden österreichischen Ausgaben für Forschung und Entwicklung, die mit etwa zwölf Mio. Euro beziffert wurden und vom Klimaministerium über die ESA für die Firmen in Österreich bereitgestellt wurden.

ESA leitet Jungfernflug

Die ESA wird den Erstflug am 9. Juli leiten. Für die nachfolgenden Flüge ist Arianespace der Startdienstleister, der dann die Ariane-6-Trägerrakete für institutionelle und kommerzielle Kunden vermarktet und betreibt. Falls es am Starttag nicht klappen sollte, „kommt es darauf an, ob wir zu dem Zeitpunkt schon betankt haben oder ob wir nicht betankt haben“, sagte Tina Büchner da Costa, ESA-Systemingenieurin für das Ariane-6-Trägersystem, bei einem Medienbriefing im Vorfeld: „Wenn wir schon betankt haben, bräuchten wir wahrscheinlich zwei Tage, um wieder startklar zu sein.“ Ansonsten könne man wohl den nächsten Tag anvisieren.

Prestigeprojekt Ariane 6 vor Jungfernflug (2024)

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