Interview: Benedict Cumberbatch über seine Karriere in Hollywood (2024)

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Benedict Cumberbatch, Jahrgang 1976, wuchs in einer gutbetuchten Schauspielerfamilie in London auf. Er wurde berühmt durch die Titelrolle in der gefeierten BBC-Serie "Sherlock", mittlerweile ist Cumberbatch aber häufiger im Kino zu sehen. Auf markante Nebenrollen wie in "Dame, König, As, Spion" und als Bösewicht Khan im Blockbuster "Star Trek: Into Darkness" folgte 2013 die Hauptrolle als Julian Assange in "Inside WikiLeaks: Die fünfte Macht". In seinem neuesten Film, dem Familiendrama "Im August in Osage County", spielt Cumberbatch einen verklemmten Mittdreißiger, dem von Meryl Streep zugesetzt wird.

SPIEGEL ONLINE: Mr. Cumberbatch, neben Ihren zahlreichen Film- und Fernsehrollen spielen Sie auch noch Theater: In Danny Boyles "Frankenstein"-Adaption am National Theatre in London sind Sie abwechselnd als Doktor und Kreatur zu sehen. Welcher Part macht mehr Spaß?

Cumberbatch: Beide Rollen sind sehr anspruchsvoll und haben viel tragisches Potential: Frankenstein, der ohne familiäre Liebe aufwuchs und deswegen davon besessen ist, Totes zum Leben zu erwecken. Das Monster wiederum, das ohne Arg in ein erwachsenes Leben geboren wird und grausame Ablehnung erfährt, weil es andersartig ist, diese Evolution von totaler Unschuld zu größter Qual, das ist traurig und ganz großes Drama.

SPIEGEL ONLINE: Fühlen Sie sich in letzter Zeit manchmal wie Frankensteins Kreatur, wenn Sie von Hollywood vereinnahmt und zum neuen Superstar geformt werden?

Cumberbatch: Oh, mein Gott, sie haben ein Monster erschaffen! Haha, nein, Hollywood gebiert keine Monster, die sind alle schon in uns, bevor uns dort Geld, ewige Jugend und anderer Zauberkram vor die Nase gehalten werden. Hollywood ist ganz einfach das Zentrum der Filmindustrie, wo Leute hingehen, um Filme zu planen. Und manchmal werden sie dann auch gedreht.

Interview: Benedict Cumberbatch über seine Karriere in Hollywood (1)

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Wikileaks-Film "The Fifth Estate": Picklig, bärtig, nerdig

Foto: Constantin

SPIEGEL ONLINE: Das klingt abgeklärt. Sind Sie gar nicht anfällig für Glamour und Ruhm?

Cumberbatch: Es ist ja nicht wie in gewissen Ländern, vor deren Besuch man sich gegen Malaria oder sonstige schlimme Krankheiten impfen lassen muss. Wer nach Hollywood geht, wird nicht automatisch zum selbstbesoffenen Arschloch. Alle berühmten Menschen, mit denen ich in den letzten Jahren das Glück hatte arbeiten zu dürfen, haben sehr gefestigte, gewachsene Strukturen um sich herum: Schulfreunde, Familie, ganz normale Leute. Das ist einem nur meistens nicht bewusst, weil man die Stars immer nur bei festlichen Anlässen alle auf einem Haufen sieht und deshalb glaubt, berühmte Leute hingen die ganze Zeit nur mit berühmten Leuten herum. Wäre das so, könnte es natürlich durchaus zu einer gewissen Hysterie kommen.

SPIEGEL ONLINE: Sie haben ein äußerst erfolgreiches Jahr hinter sich. Sie spielten den Bösewicht Khan, den WikiLeaks-Gründer Julian Assange, feierten ein spektakuläres Comeback als TV-Detektiv Sherlock Holmes. Demnächst spielen Sie den Mathematiker Alan Turing - alles anstrengende Charaktere! War es eine Erleichterung, in "Im August in Osage County" eine recht normale Person zu verkörpern?

Interview: Benedict Cumberbatch über seine Karriere in Hollywood (2)

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"Im August in Osage County": Süffige Melodramatik

Foto: Tobis

Cumberbatch: Ich weiß, worauf Sie hinauswollen: Da ist ein Muster zu erkennen, nicht wahr? Er sucht sich immer die schwierigen, genialischen Figuren aus! Leider muss ich Sie enttäuschen, denn natürlich spiele ich gern intelligente Menschen, die nicht simpel oder langweilig sind, aber es waren nicht immer bewusste Entscheidungen. Den Charles in "Im August in Osage County" zu spielen, war für mich allerdings eine echte Herausforderung, gerade weil er eher ein Typ von nebenan ist, und dann auch noch ein Amerikaner aus Oklahoma, wo ich noch nie zuvor in meinem Leben gewesen bin. Allein, den Akzent richtig hinzubekommen! Oder die Szene, in der ich singen und Klavier spielen musste? Sehr schwierig für mich. Aber genau darum geht es: Es muss interessant bleiben. Ich will mich nicht wiederholen, aber ich strebe auch nicht krampfhaft größtmögliche Vielfalt an.

SPIEGEL ONLINE: Ihr Fan-Kollektiv, die sogenannten Cumberbitches,…

Cumberbatch: Ha, darauf habe ich gewartet!

SPIEGEL ONLINE: …also Ihre größtenteils weiblichen Anhängerinnen, würden Sie wahrscheinlich sehr gerne einmal in einer großen romantischen Hauptrolle sehen.

Cumberbatch: Absolut! Ich selbst würde mich auch gerne mal als leading man an so einer Rolle versuchen, am liebsten in einer romantischen Komödie. Ich kann es kaum erwarten, das richtige Skript in die Finger zu bekommen.

SPIEGEL ONLINE: Denken Sie eigentlich manchmal darüber nach, warum Sie so übermäßig populär sind, bei Frauen wie bei Männern? Zugegeben, Sie sind ein hervorragender Schauspieler und sehen auch nicht schlecht aus - aber ein bisschen unheimlich ist es doch, oder?

Cumberbatch: Oh, vielen Dank. Ich sehe doch gar nicht so gut aus! Wenn ich in den Spiegel gucke, sehe ich da immer noch dasselbe Gesicht, das ich vor zehn Jahren gesehen habe, als ich in den einschlägigen Star-Rankings noch sehr weit jenseits der ersten tausend war. Es ist ja alles reine Projektion und hat natürlich viel mit den Charakteren zu tun, die ich spiele - nicht so sehr damit, wie meine Visage oder mein Körper aussehen. Ich genieße es, solange es anhält, denn schon morgen wird ein anderer angehimmelt werden, so viel ist sicher. Ganz ehrlich? Die meiste Zeit kichere ich in mich hinein.

Das Interview führte Andreas Borcholte

Interview: Benedict Cumberbatch über seine Karriere in Hollywood (2024)

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Author: Carmelo Roob

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